Spätere Online-Veröffentlichung von Zeitschriften-Fotos: Neue urheberrechtlich Nutzungsart?

Oberlandesgericht Hamburg

Urteil v. 21.05.2008 - Az.: 5 U 75/07

Leitsatz

Werden Fotos, die für eine Zeitschrift hergestellt und vergütet wurden, später im Rahmen der Digitalisierung der Zeitschrift online zugänglich gemacht, stellt dies urheberrechtlich eine neue Nutzungsart dar. Lizenzrechtlich handelt es sich dagegen nur um einen Annex zu der bereits vergüteten Nutzung, so dass für die Online-Veröffentlichung ohne Einwilligung des Fotografen kein erneuter Vergütungsbetrag, sondern nur ein Erhöhungsbetrag zu zahlen ist.

Sachverhalt

Der Kläger ist Fotograf und hat für eine Segelzeitschrift zahlreiche Fotos geliefert. Insgesamt wurden in den Jahren 1965 bis 2004 knapp 3.000 Fotos des Klägers veröffentlicht. Für die Veröffentlichung in der Zeitschrift haben die Parteien eine angemessene Vergütung vereinbart. Eine spätere Online-Veröffentlichung war zum Zeitpunkt der Vergütungsvereinbarung nicht absehbar.

Im Januar 2004 stellte die Beklagte eine digitalisierte Fassung ihrer Zeitschrift online. Diese war insgesamt gut 21 Stunden zu erreichen, bis der Kläger die Online-Veröffentlichung unterband. Des weiteren war das Online-Archiv in der gleichen Woche acht Tage lang auf einer Fachmesse zugänglich.

Der Kläger hält die Online-Veröffentlichung für eine neue Nutzungsart, für die bisher kein Entgelt vereinbart war. Er fordert auf der Grundlage der Sätze der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) pro Foto 40,- EUR, den Mindestbetrag für eine Online-Nutzung über einen Zeitraum von bis zu einem Monat.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht sprach dem Kläger einen Erhöhungsbetrag an Vergütung für die Fotos zu, jedoch nur in Höhe von 10,- EUR pro Foto.

In der Online-Veröffentlichung der Zeitschrift ohne Einwilligung des Klägers liege unzulässige Nutzung der von ihm angefertigten Fotos. Da diese Art der Verwertung bei Vereinbarung der ursprünglichen Nutzung noch nicht absehbar war, handele es sich urheberrechtlich um eine neue Nutzungsart.

Hierfür könne der Kläger Schadenersatz im Wege der Lizenzanalogie verlangen. Lizenzrechtlich sei jedoch nicht von einer völlig neuen Nutzung auszugehen, sondern lediglich von einem Annex zu der bereits vergüteten Print-Nutzung. Es sei nämlich zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Fotos nicht in völlig neuem Zusammenhang, sondern als Archiv der bereits veröffentlichten Zeitschrift erneut veröffentlicht habe.

Es sei davon auszugehen, dass die Parteien in Kenntnis der späteren Online-Veröffentlichung eine höhere Vergütung vereinbart hätten, jedoch die Tatsache berücksichtigt hätten, dass für die Fotos bereits eine Vergütung gezahlt worden war. Zur Berechnung des Lizenzschadens könnten die Sätze der MFM zwar herangezogen, jedoch nicht 1:1 angewandt werden.

Zum einen sei zu berücksichtigen, dass die MFM-Sätze auf der Basis einer unberechtigten Nutzung berechnet seien. Um eine völlig unberechtigte Nutzung habe es sich hier aber nicht gehandelt. Die Beklagte habe lediglich die Grenzen des ihr eingeräumten Nutzungsrechtes überschritten.

Zum anderen sei vorliegend nur ein zeitlich sehr geringer Eingriff zu verzeichnen. Aufgrund der Tatsache, dass das Online-Archiv nicht einmal einen Tag verfügbar war und auf der Messe auch nur eine Woche lang einem eingeschränkten Publikum zugänglich gemacht wurde, seien die Sätze für eine einmonatige Nutzung überhöht. Das Gericht schätzte den Schaden pro Bild daher auf ein Viertel des vom Kläger begehrten Betrages und sprach 30.000 EUR für die 3.000 Bilder zu.