Mitstörerhaftung des Merchants für seinen Affiliate bei Spam
Leitsatz
Ein Merchant haftet für nicht Spam-Mails seines Affiliates, wenn der Affiliate in der Mail für seine eigenen Seiten wirbt und nur beim Verlassen der Webseite Werbung des Merchants im Rahmen von Pop-Ups einblendet.
Tenor
In dem Rechtsstreit (...) hat das Amtsgericht Pforzheim (...) für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreites.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 600,- € festgesetzt.
Sachverhalt
(von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen)
(Hinweis der Redaktion:
Bei dem Rechtsstreit ging es um eine Spam-Mail. In dieser Spam-Mail wurde für die Webseite eines Dritten geworben. Der Dritte war Affiliate-Partner des beklagten Merchant. Bei Verlassen dieser Webseite erschien nun ein Pop-Up-Fenster, in dem für die Webseite des Beklagten geworben wurde.)
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet und war daher abzuweisen.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 823, 1004 BGB nicht zu.
Voraussetzung hierfür wäre, dass die Beklagte (zumindest auch) Störer im Sinne dieser Normen ist; davon kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden.
Unmittelbarer Störer ist, wer durch seine Handlung selbst die Beeinträchtigung bewirkt; mittelbarer Störer, wer die Beeinträchtigung durch die Handlung eines Dritten adäquat verursacht hat, nämlich die Dritthandlung veranlasst, gestattet oder es unterlassen hat, diese Handlung zu verhindern, die er ermöglicht hat oder zu deren Verhinderung er sonst verpflichtet ist (s. Palandt-Bassenge, BGH, 64. Auflage, § 1004, Rd. 16 f).
Im wettbewerbsrechtlichen Sinne ist als Mitstörer derjenige anzusehen, der an sich nicht den Verletzungstatbestand erfüllt, aber an dem Wettbewerbsverstoß eines Dritten in der Weise beteiligt ist, dass sie in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitwirkt, wobei auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügt, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Um eine uferlose Ausdehnung der Störerhaftung auf unbeteiligte Dritte zu vermeiden ist jedoch darüber hinaus die Verletzung einer Prüfungspflicht erforderlich, womit eine Haftung dann entfällt, wenn für den Inanspruchgenommenen im konkreten Fall der Störungszustand nicht ohne weiteres oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erkennbar war (s. Baumbach/Hefermehl-Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 8 UWG, Rd. 2.12 f).
Diesen Kriterien folgend liegt vorliegend eine in Betracht kommende mittelbare Störereigenschaft der Beklagten nicht vor. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte willentlich oder adäquat kausal an der bei dem Kläger eingetretenen Rechtsgutverletzung mitgewirkt hätte, dass sie die Spam-Mail mithin weder in Auftrag gegeben oder das Handeln des Dritten, der dieses Mail versandt hat, ausgenutzt oder unterstützt hätte.
Das Zutun der Beklagten beschränkte sich nämlich lediglich darauf, Internetseiten zu unterhalten und diese durch einen Dritten bewerben zu lassen, beides ist grundsätzlich zulässig. Allein die Tatsache, dass diese Werbemöglichkeit von anderen missbraucht werden kann, macht nicht jeden an einer solchen Vertriebsform Beteiligten zu einem Störer im Sinne der §§ 823, 1004 BGB.
Insofern kann die Rechtslage vorliegend nicht anders beurteilt werden als bei Anbringung eines Hyperlinks. Denn dieses führt nicht dazu, das dem Linkssetzer sämtliche Seiten zugerechnet werden, zu denen sich eine Verbindung zu ihm herstellen lässt. Auszugehen ist vielmehr ausdrücklich vom Vertrauensgrundsatz, nach dem jeder nur für sein eigenes Verhalten verantwortlich ist und dabei davon ausgehen kann, dass sich auch alle übrigen Akteure sorgfaltsmäßig verhaften. Den Urheber treffen daher nur eingeschränkte Sorgfaltspflichten zur Gewährleistung der Rechtmäßigkeit von fremden Inhalten. Eine Haftung lässt sich nur dann begründen, wenn die inkriminierten Inhalte als solche leicht erkannt werden konnten oder mit ihrem Vorhandensein gerechnet werden musste, weil das Fehlverhalten des Anbieters der Fremdseite vorhersehbar war (so ausdrücklich MüKo-Wagner, BGB, Ergänzungsband vom 28.02.2005, § 823, Rd. 534 f).
Im gegebenen Fall nun ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte hinreichende Kenntnis von dem Werbe-Mail hatte; in deren Nutzungsbedingungen für Webmaster wird vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass deren Angebot nicht durch Spam-Mails beworben werden darf.
Im Ergebnis konnte der Klage damit kein Erfolg beschieden sein. Sie war als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten findet ihre Grundlage in § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit in den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.