OLG Hamburg: Online-Produktvergleich eines Affiliates ist keine unzulässige Testwerbung

Berichtet ein Affiliate in vergleichender, redaktioneller Form über Produkte unterschiedlicher Anbieter (hier: Matratzen), liegt darin noch keine unzulässige Testwerbung. Denn grundsätzlich ist es niemandem verwehrt, eigene Produktvergleiche anzustellen und deren Ergebnisse zu veröffentlichen, solange nicht über die Modalitäten der Durchführung oder sonstige Umstände getäuscht wird (OLG Hamburg, Urt. v. 16.04.2020 - Az.: 15 U 124/19).

Die Klägerin beanstandete die Webseite eines Dritten und meinte, dass es sich dabei um einen Affiliate der Beklagten handeln würde. Der Affiliate erwecke den Eindruck, dass auf seiner Seite ein objektiver Test erfolge, in Wahrheit handle es sich jedoch ausschließlich um verkappte Online-Werbung zugunsten der Schuldnerin. Die 1. Instanz, das LG Hamburg, verurteilte die Beklagte zur Unterlassung.

Das OLG Hamburg hingegen hob die Entscheidung in der Berufungsinstanz auf und wies die Klage ab.

Im vorliegenden Fall werde nämlich nicht der Eindruck erweckt, es handle sich um den Test eines neutralen, unabhängigen Dritten. Vielmehr werde lediglich in vergleichender Form über die unterschiedlichen Produkte berichtet:

"Der streitgegenständliche Intemetauftritt erweckt nirgends den Eindruck, die (...) Matratze habe gute Ergebnisse bei einem objektiven Test erzielt (...). Es wird auch keine vermeintlich besondere Qualität der „getesteten“ Matratzen vorgetäuscht. Tatsächlich wird an keiner Stelle Bezug auf einen objektiven Test genommen (...).

Vielmehr werden die (...)  Inhalte eingeleitet mit „Endlich wieder richtig gut schlafen – unser Matratzenvergleich zeigt dir den Weg zur bequemen Matratze, sei sie von ...“.

Passend hierzu folgt auf den nächsten Seiten ein redaktionell eingeleiteter Bericht über die Schwierigkeiten bei der Auswahl einer Matratze und mögliche Kriterien des Matratzenkaufs, der in den Vergleich verschiedener Matratzen mündet. Dabei wird aber nicht auf einen (eigenen oder fremden) Test der Matratzen rekurriert, sondern es werden verschiedene Aspekte der in den Vergleich aufgenommenen Produkte vorgestellt.

Es liegt damit offensichtlich kein Fall einer irreführenden Werbung mit Testergebnissen vor."

Insbesondere ergebe sich aus der Tatsache, dass ein Online-Produktvergleich stattgefunden habe, nicht die Konsequenz, dass hier eine Test-Werbung vorliege:

"Aus Sicht des Senats gibt sich der Internetauftritt schon nicht als umfassender objektiver Vergleich, der völlig neutrale Hilfestellung bei der Matratzenauswahl geben will.

Der Verbraucher erkennt, dass der Anbieter einige Matratzen für seinen Vergleich ausgewählt hat und diese nach bestimmten Kriterien dem Leser vorstellt. Dabei untersucht die Seite Fakten, die sich offenbar aus den Internetseiten der Hersteller selbst ergeben, z.B. die Möglichkeit zum Probeschlafen und zur Rückgabe einer nicht genehmen Matratze, Maße, Preise, Lieferzeiten, Kundendienst, Zahlungsarten usw.

Die Seite (...) nimmt nicht für sich in Anspruch, vollständig über alle verfügbaren oder vergleichbaren Matratzen zu berichten, sondern beschränkt sich ausdrücklich auf einige Hersteller. Sie gibt auch nicht vor, ausschließlich neutrale redaktionelle Inhalte zu verbreiten oder ein unabhängiger, kompetenter Tester zu sein. Es wird nirgendwo „über Objektivität und Aussagekraft des Tests getäuscht“, wie die Ast. meint. Von einem eigenen Qualitätstest ist auf der Seite nicht die Rede."

Das OLG Hamburg wird sogar noch deutlicher mit seinen Worten, wenn es ausführt:

"Gundsätzlich ist es niemandem verwehrt, eigene Produktvergleiche oder auch Tests anzustellen und deren Ergebnisse zu veröffentlichen, solange nicht über die Modalitäten der Durchführung oder sonstige tatsächliche Umstände getäuscht wird. Vielmehr ist es von der Meinungsfreiheit gedeckt, beliebige, auch wertende, Inhalte auf der eigenen Webseite zu veröffentlichen, sofern darin kein Wettbewerbs- oder sonstiger Rechtsverstoß zu sehen ist. Die schlichte Tatsache einer Werbung für dritte Produkte ist keinesfalls per se verbotswürdig."

Den Vorwurf der Schleichwerbung lehnte das OLG Hamburg mangels hinreichender Nachweise durch die Klägerin ab.

Allein der Umstand, dass der Webseiten-Betreiber in seinen AGB mitteile, dass er auch Affiliate-Links setze, reiche für eine solche Annahme nicht aus. Denn es sei nicht zwingend, dass die vorgenommenen Links zur Webseite der Beklagten ausschließlich einen kommerziellen Hintergrund hätten. Die Beklagte hatte eine Affiliate-Partnerschaft mit der Page stets bestritten:

"Die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast hierfür liegt bei der [Klägerin]. Dieser ist sie nicht hinreichend nachgekommen. Die [Klägerin] beschränkt sich im Kern auf den Vortrag, dass die Seite (...) gemäß ihrer AGB auch Affiliate-Links setze. Eine Affiliate-Beziehung sei auch ggü. der [Beklagten] zu vermuten.(...)

In dieser Annahme ist der Klägerin zwar grundsätzlich zuzustimmen, jedenfalls dann, wenn es sich um einen eindeutig und rein werbenden Inhalt handelt, der schlichtweg keinen anderen Zweck als die Anpreisung der Waren des Advertisers haben kann (...). Hiervon unterscheidet sich aber der vorliegende Fall schon dadurch, dass hier jedenfalls auch redaktionelle Inhalte platziert wurden und der Betreiber der Seite (...) seinen Lesern durch den Vergleich verschiedener Matratzen und Tipps für den Kauf jenseits schlichter Werbung einen lesenswerten Artikel vermitteln wollte.

Dies ergibt sich auch aus der AGB-Klausel „Affiliate-Links“, in welcher ausgeführt wird: „Außerdem arbeitet unsere Redaktion komplett unabhängig. Unsere Redakteure wissen beim Schreiben der Beiträge nicht, ob irgendwann Affiliate-Links im Beitrag gesetzt werden. ...“.

Dies hält der Senat nicht per se für völlig unglaubhaft. Es scheint insgesamt nicht undenkbar, dass der Betreiber von (...) die (...) auch ohne direkte finanzielle Gegenleistung in seinen Artikel aufgenommen hat – sei es, weil er auf eine spätere Affiliate-Partnerschaft hoffte, Einnahmen durch andere Werbungen generierte oder zu anderen Matratzenherstellern Affiliate-Beziehungen hatte."